16-11-2015
So, jetzt kommt mal wieder ein Post von mir, diesmal leider ohne Fotos, weil die Internetverbindung hier im Moment sehr schlecht ist und das ewig dauern würde :P Hole ich aber noch nach! :)
Projekt
Die Woche darauf fing dann endlich die Schule an und somit
auch unsere Projekte. Mein erster Arbeitstag war im „Collège Protestant“, das
glücklicherweise direkt neben unserem Haus ist. Dort arbeitet seit einem halben
Jahr Lukas, auch Freiwilliger aus Deutschland, den ich schon vor dem
Projektbeginn kannte und der mir in den ersten Wochen alles zeigte. So lernte
ich schon die Blindenschrift Braille, sowie die Arbeit mit den Schreibmaschinen
und dem Computer. Auf diesem ist ein Programm installiert, das Word-Dokumente
in Braille umwandelt, was für unsere Arbeit sehr genial ist. Der dazugehörige
Drucker erleichtert zudem unsere Arbeit. Unsere Arbeit besteht darin, Klausuren
zu übersetzen, Bücher und andere Dokumente in Braille auszudrucken und den
Blinden Nachhilfe zu geben, sowie diesen bei Problemen jeglicher Art zu helfen.
Ich arbeitete die ersten 4/5 Wochen im Collège Protestant, um dann ins Collège
Polyvalent zu wechseln, eine weiter Schule, in der Blinde in den Unterricht
integriert werden. In den ersten Wochen lernten wir auch Jean-Luc kennen, der
für einige Wochen aus Frankreich nach Togo als Volontär gekommen ist. Da er in
Frankreich viele Jahre mit Blinden gearbeitet hat, war er uns eine Riesenhilfe
und er brachte sehr viele neue Ideen mit. So bringt er den Blinden das richtige
Führen des Blindenstocks bei, arrangierte, dass wir einen Plan des
Schulgeländes für Blinde bastelten, fuhr mit einigen bereits ins Krankenhaus um
Sehtests zu machen und anschließend Brillen zu kaufen. Zudem motivierte er uns
auch, Ideen nicht aufzugeben und zeigte uns wie schnell man mit einfachen
Mitteln sehr viel ändern kann.
Am 14. Oktober sollte ich dann eigentlich im Collège
Polyvalent anfangen. Leider war ich mal wieder krank (zwei Wochen vorher hatte
ich schon zweimal Malaria und eine Infektion) und nachdem ich im Krankenhaus
auf Malaria getestet wurde, fiel das Ergebnis, oh Wunder!, positiv aus. Die
Mücken scheinen mich hier also sehr zu mögen. Da ich eine Woche später noch ein
zweites Mal Malaria hatte, verbrachte ich letztendlich fast drei Wochen zu
Hause und mir ging es nicht so super. Man muss allerdings sagen, dass Malaria
generell meistens sehr unspektakulär verläuft.
Als es mir dann wieder einigermaßen gut ging, konnte ich
dann auch endlich im Collège Polyvalent anfangen. Dort bekam ich einen Platz im
Lehrerzimmer und direkt schon Texte zum Übersetzen. In der ersten Woche schaute
ich mir das Schulgelände an, lernte die sechs Blinden der Schule, sowie einige
Lehrer kennen, machte schon mal einen Plan des Geländes und redete mit dem
Direktor über meinen Wunsch, die Blinden in den Sportunterricht zu integrieren
(bis jetzt dürfen sie nicht mitmachen). Das Gespräch verlief sehr positiv und
so freue ich mich schon auf die Umsetzung.
Nachmittags lernte ich die Wohnung der Blinden kennen und gab ihnen das
erste Mal Englisch-Nachhilfe. Bis jetzt bin ich sehr glücklich, da wir uns
super verstehen und schon sehr viele gemeinsame Interessen entdeckt haben. So
wollen wir gemeinsam Musik machen, Fußball spielen, ich möchte deren Kirche
kennen lernen (sie gehen zusammen in eine baptistische Kirche). Was mich zudem
sehr gefreut hat, war das Kennenlernen einiger sehr motivierter Lehrer. So
zeigte der Französischlehrer Interesse, Braille zu lernen, damit er selbst
besser mit den Blinden arbeiten kann und der Musiklehrer, der ein Klavier zu
Hause hat, was hier sehr selten ist, ist bereit, die Blinden auch auf dem
Klavier spielen zu lassen. Das hört sich jetzt vielleicht alles nicht so
besonders an, da es in Deutschland selbstverständlich ist, dass Blinde
zahlreiche Aktivitäten machen können. Hier ist das aber leider nicht so
selbstverständlich und die Blinden verbringen ihre Freizeit größtenteils zu
Hause.
Das war der Stand vor zwei Wochen. Mittlerweile hat sich
schon einiges weiterentwickelt. Erst kürzlich haben wir gemeinsam Musik gemacht
und ich stand vor der Herausforderung, den Blinden Flöte beizubringen, ohne
ihnen dies visuell zeigen zu können. Sie waren aber auf jeden Fall sehr
begeistert und ich muss auch sagen sehr talentiert. Wovon ich auch sehr
begeistert bin, ist der Chor, den die Schüler gegründet haben. Sie trainieren
einmal pro Woche und singen entweder in der Schule oder in der Kirche im
Gottesdienst vor. Die Baptisten-Kirche habe ich letzten Sonntag kennen gelernt.
Dort wurde sehr viel gesungen und Musik gemacht, was mir super gefallen hat und
sehr viel gebetet, womit ich nicht so viel anfangen konnte. Es war auf jeden
Fall sehr interessant. Davor die Woche war ich mit zwei meiner Schüler
Fußballspielen. Das wurde zu einem sehr lustigen Erlebnis, da wir leider keinen
Blindenfußball hatten :D Ich bin aber dabei, nach Sponsoren/Partnerorganisationen
zu suchen, damit man diesen finanzieren kann. Zudem fehlt es hier wie so oft an
allen Ecken an finanziellen Mitteln, um nötiges Unterrichtsmaterial,
Sportklamotten (momentan könnten einige von ihnen nur in Flip Flops und Jeans
trainieren) und auch Blindenstöcke oder andere wichtige Alltagsgegenstände zu
finanzieren. Diese Woche möchte ich mit meinem kleinen Sportprojekt beginnen.
Ursprünglich wollte ich meine Schüler direkt beim Sportunterricht ihrer Klasse
mitmachen lassen. Jetzt habe ich aber mit ihnen selbst abgesprochen, dass wir
erst einmal unter uns einmal pro Woche außerhalb der Schule Sportunterricht
machen und sie dann in einigen Wochen, wenn sie ein wenig dafür sensibilisiert
sind, am Schulsport teilhaben zu lassen. Ich freue mich schon riesig auf diese
Arbeit.
Des Weiteren werde ich jetzt für interessierte LehrerInnen
einen Braille-Kurs anbieten, damit fange ich in ein/zwei Wochen an.
Unternehmungen
In den letzten Wochen war ich an zwei Wochenenden in Lomé.
Das erste Mal sind wir Volontäre alle zusammen zu Freunden gefahren, die uns
sehr nett empfangen und die auch das ganze Wochenendprogramm mit uns gestaltet
haben. Freitags kamen wir spät an, sodass nur noch Zeit für einen kleinen
Spaziergang zu einer Bar in dem Viertel blieb. Samstags bereiteten wir
vormittags unser Picknick vor (Koliko, Pommes, Tomatensauce, frittierte Bananen
:D).
Mittags ging es dann erstmal zum großen Markt von Lomé,
danach zum Stadion, zum „Place de l´Indépendance“ (Platz der Unabhängigkeit)
und schließlich zum Strand, wo wir unser Picknick auspackten und uns richtig
wie im Urlaub fühlen konnten. Abends ging es noch in eine Pizzeria/Bar, in der
wir Pizza/Eis aßen und es uns nochmal gut gehen ließen.
Sonntags ging es dann noch nach Aneho, direkt an die Grenze
zu Benin. Dort verbrachten wir wieder sehr viel Zeit am Meer.
Das andere Wochenende wurden wir zur Botschaftsfeier
anlässlich des Tags der deutschen Einheit nach Lomé eingeladen. Linn, Kati,
Siemke und ich verbrachten das Wochenende wieder bei einem Freund und verbrachten
sehr sehr viel Zeit am und im Meer, da das uns super glücklich machte. Auf der
Botschaftsfeier fühlte man sich fast wie in einem Traum, weil die Atmosphäre
irgendwie überhaupt nicht nach Togo passte und mir kam das sehr unwirklich vor.
Es gab ganz viel deutsches Essen, kostenlose Getränke, die Leute waren
größtenteils sehr schick angezogen und den Abend über spielte sogar eine Band
„life“ Lieder aller Art.
An einem anderen Wochenende besuchten Kati, Linn und ich mit
einem Freund seine Familie in Amouzoukupé, einem kleinen Dorf zwischen Kpalimé
und Lomé. Dort wurden wir, wie es die Togolesen so an sich haben, super nett
empfangen und aßen mittags gemeinsam Foufou. Wir waren auf einem Spaziergang
total begeistert von den Reispflanzen sowie den Affenbrotbäumen, die wir das
erste Mal in unserem Leben sahen.
Alltag
Insgesamt fühle ich mich hier richtig wohl. Ich habe schon
einige gute Freunde gefunden, verstehe mich super mit meinen Geschwistern und
habe immer ein ausgewogenes Freizeitprogramm. So spiele ich mittlerweile
regelmäßig Volleyball, Fußball (mein Knie macht fast keine Probleme mehr dank
einer Wundersalbe von einem Freund), singe neuerdings auch in einem Kirchenchor
und möchte bald anfangen, Trommeln zu lernen. Zudem ist das Essen hier
unglaublich lecker, das Wetter ist meistens (wenn es nicht gerade in Strömen
regnet und die Straßen zu Flüssen werden) super und durch die herzliche
togolesische Art kann man sich hier nur wohlfühlen.